Vom Sinn und den Möglichkeiten der Beschreibung - Teil 7

Gottfried Boehm, Bildbeschreibung. Über die Grenzen von Bild und Sprache, in: Ders./Helmut Pfotenhauer (Hgg), Beschreibungskunst - Kunstbeschreibung. Ekphrasis von der Antike bis zur Gegenwart, München 1995, S. 23-40.

 

S. 38-40: Das Zeigen

 

Am Anfang dieses Texts stand die Frage, warum die Beschreibung eines Bilds durch einen Text überhaupt gelingen kann. Was verbindet beide Medien, so dass sie (annähernd) das Gleiche leisten können? Die Antwort, die Gottfried Boehm ganz am Ende seines Aufsatzes gibt, lautet: weil sie beide in der Lage sind, zu zeigen.

 

Das die beiden Verbindende sei es, dass beide das leisten könnten, was "das Bild im Kern auszeichnet: Ungesehenes sichtbar zu machen, es für das Auge herauszuheben, es zu zeigen." (39)

 

Und übertragen auf die Ekphrasis, die Beschreibung eines Bilds oder Kunstwerks, resümiert er: Tatsächlich gehe es bei einer Bildbeschreibung, wenn sie gelingen soll, nicht darum, möglichst jedes Detail im Bild zu erwähnen, eine möglichst vollständige, "verbale[ ] Abbildung" des Kunstwerks zu erschaffen. "Wie gute Übersetzungen treffen sie auch nicht, wenn sie sich um Buchstäblichkeit und Wörtlichkeit bemühen (was bekanntlich dazu führt, den Geist eines Textes durch die Isolierung seines Buchstabens zu verzerren)." (39) Stattdessen müsse die gelungene Beschreibung gewissermaßen im richtigen Abstand zum Beschriebenen stehen - nicht zu nahe an der Sache, nicht zu weit von ihr entfernt -, um der Lebendigkeit des beschriebenen Bilds Raum zu geben. Die Ekphrasis dürfe nicht vor das Bild treten, sondern sie müsse "durchsichtig" sein auf das Bild hin. "Sie hilft damit dem Blick auf die Sprünge, weist ihm die Wege, die nur er allein zu Ende gehen kann. Die Beschreibung hilft dem Sehen auf." (40) Ekphrasis/Beschreibung ist ein Mittel, mit dessen Hilfe der Betrachter mehr sieht.

 

Bildbeschreibungen "sind dann optimiert, wenn sie mehr zu sehen geben. Sie sollen nicht nur das Wiedererkennbare schildern, solches, das wir schon gewußt haben. Was den Umkreis unserer Erfahrungen lediglich bestätigte, würden wir nicht Erkenntnis nennen. Denn erkennen heißt: mehr erkennen, anderes und anders erkennen." (40)

 

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