"Bücher müssen mit soviel Überlegung und Behutsamkeit gelesen werden, als sie geschrieben wurden." (Henry David Thoreau, Walden oder Leben in den Wäldern, Zürich 1979/ 2004, S. 156)
Was der amerikanische Dichter Henry David Thoreau hier über Bücher sagt, gilt in gleichem Maße ebenso für Kunstwerke - auch wenn eine solche Sicht auf Kunst heute wenig populär ist:
Kunstwerke müssen mit soviel Überlegung und Behutsamkeit betrachtet werden, wie sie geschaffen wurden.
Denn sie wurden mit Überlegung geschaffen und haben es verdient, ebenso betrachtet zu werden.
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Alex Pippin (Freitag, 20 November 2015 14:27)
Das ist ja ein weises Wort. Aber ist das auch möglich? Mancher Maler brauchte Jahre für sein Bild - die habe ich aber nicht. Und überhaupt: was sehe ich denn auf einem Bild, das nur weiß oder schwarz oder rot ist?
Christof L. Diedrichs (Donnerstag, 03 Dezember 2015 15:54)
Lieber Herr Pippin,
herzlichen Dank für Ihren konstruktiven Hinweis. Selbstverständlich haben Sie recht, dass man ein Bild nicht wirklich genau so lange ansehen kann, wie ein Maler gebraucht hat, um es zu malen. Andererseits ist das gängige Verhalten vor Bildern frappierend: Wissenschaftler haben beobachtet, dass ein Besucher vor einem Bild im Durchschnitt 10 Sekunden verbringt, und ich befürchte, dass er davon 7 Sekunden lang das Schild neben dem Bild liest. In den verbleibenden 3 Sekunden kann man vom Bild tatsächlich aber nicht mehr als einen sehr flüchtigen Eindruck gewinnen. Das wird meiner Meinung nach einem Bild nicht gerecht, für das der Maler Monate oder gar Jahre gebraucht hat.
Und Ihr zweiter Hinweis: Auf einem so genannten monochromen Bild geht es gewöhnlich nicht um das Sehen im Sinne von Erkennen. Sie sprechen damit einen äußerst interessanten Punkt an, den ich schon im dritten Band der Reihe eigens thematisieren werde. Hier wird es nämlich um die 'inneren' Bilder gehen, die ein Bild im Sinne einer Kontemplation im Menschen hervorruft.
Nochmals herzlichen Dank für Ihren kritischen Kommentar!